Zahlreiche Besprechungen und Vorbereitungen logistischer Art im Vorfeld – Idee reifte über Monate zur Übung

Neusorg (obe) Als am Samstag Abend die Funkmeldeempfänger der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes die Helfer zur größten und personalintensivsten Übung der letzten Jahre rief, war vielen verantwortlichen klar, dass die monatelangen Vorbereitungen und Planungen nun auch ihre Feuertaufe bestehen mussten. Kein Gedanke wurde mehr daran verschwendet, an die Sitzungen unterschiedlicher Leitungen und gemeinsame Treffen verschiedener Führungsgruppen. Trotz allem sollte man auch einen Blick in die Entstehung und die Verwirklichung der Übung, bis hin zu deren Ausführung am letzten Samstag werfen. Mancher fragt sich mit Sicherheit wie kommt dazu, nachts bei widrigen Witterungsverhältnissen eine solche Aktion zu starten?
Die Idee für diese Tunnelübung hatte zwei Personen schon seit einiger Zeit im Kopf, der Neusorger Feuerwehr Kommandant und Wolfgang Prisky von der FFW Neusorg. Gemeinsam begannen sie sich eine Übung auszumalen, nahmen Kontakt auf zu den einzelnen Behörden und Notfallmanagern und stießen mit ihren Planungen plötzlich auf ein großes Interesse bei den Führungskräften des Landkreises. Fortan wurde beide mit vollem Einsatz durch den Kreisbrandmeister Englmann und KBR Arnold unterstütz. Das ganze zog unwillkürlich seine Kreise, hin zum BRK und THW, den umliegenden Fachbereichen, zu Benachbarten Feuerwehren, die über entsprechende Notfallsätze der Bahn verfügten, so dass es die Größenordnung einer Katastrophenübung allmählich annahm. Ingesamt fünfmal trafen sich im Neusorger Geräthaus die unterschiedlichen Führungsmannschaften seit Februar. Mit dabei die Feuerwehrführungsspitze aus dem Landkreis Tirschenreuth und Marktredwitz, das BRK, Technische Hilfswerk, Bahnnotfallmanager, Bahnpolizei, und natürlich auch die Vertreter der Kreisverwaltungsbehörde. Zusätzlich wurde in den einzelnen Organisationen wiederum Besprechungen zwischen den Gruppenführern und Abschnittsleitern abgehalten.
Übungen besonderer Art im Vorfeld
Wenn man sich das Gelände der Übung genau betrachtet, so zeichnet man gleich zu Beginn schon ein riesiges Hindernis ab: die steile verwucherte Bahnböschung. Von ihrem Scheitelpunkt aus, hat man nicht einmal Sichtkontakt zum Tunnelportal, wild gewachsene Sträucher und Bäume erschweren den Zutritt. Aber dies war und ist der derzeit einzige und schnellste Weg, Verletzte zu Bergen. Also mahnte man sich bei der FFW Neusorg im Vorfeld schon Gedanken wie man zum einem das schwere Technische Geräte wie Stromerzeuger Bahnrettungssatz, Hydraulikaggregate und Scheinwerfer, sowie ein vieles an Feuerwehrtechnischem Equipment dort hinunter bekommt. Eine spezielle Seilbahn war angedacht, musste allerdings zwecks mangelnder Seillänge kurzerhand durch eine alternative Abseilmethode ersetzt werden. Alle verletzten Mimen, die den Unglückstunnel auf der Neusorger Seite verließen, mussten auch über den Berg nach Oben zu den Sichtungszelten und Verbandsplätzen gebracht werden. Hier war die Bergwacht mit ihren Korbschleiftragen gefordert. Auch für die Retter aus Fuchsmühl ein völlig neue Situation, mehr als nur belastend für den Körper. Bei den zahlreichen Begehungen durch die einzelnen Organisationen wurde schnell klar, dass der Abtransport und die Versorgung der Verletzten nur durch eine immensen personellen Aufwand zu bewerkstelligen ist. Aus diesem Grund, benötigte man auch eine solche Vielzahl an Feuerwehr aus dem ganzen Landkreis und dem nahem Marktredwitz.
Gerätehaus gleicht Horrorkabinett
Mit annähernd 40 Verletzten, hatte man es zu tun, bei der Übung. Bereits um kurz nach 18:00 Uhr trafen sich hierzu die ersten Mimen zum schminken im Neusorger Gerätehaus. Die Mitglieder der realistischen Unfalldarstellung, kurz RUD, aus Waldsassen verwandelten so manchen unbescholtenen Freiwilligen in einen zum Teil Schwerverletzten. Riss- und Schnittwunden, täuschend echtes Filmblut ergießt sich über Gesichter und Arme und Hände. Gelegentlich findet man auf offene Frakturen, bei denen man deutlich sichttbare Knochenfragmente aus den durchstoßenen Wunden erkennt. Die meisten Gesichter mit einem kräftigen hauch von Puder tüchtig weiß gefärbt soll den Helfern anschließend einen Schockzustand symbolisieren. Vom Leichtverletzten der unter den Einwirkungen des um ihn herum stattfindenden Erlebnisses betreut werden muss, bis hin zum schwerstverletzten Schädelhirntrauma, reiht sich die unterschiedlichsten Diagnosen, die das Neusorger Gerätehaus in ein Horrorszenario tauchen lassen, das dem einer Geisterbahn in ähnlicher Art Weise gleicht. Wolfgang Rosner als Leiter der „BRK-Schminktruppe“ instruiert seine Verletztendarsteller detailliert über ihre Verletzungen und ihr Verhaltensmuster für die anstehende Übung. Übrigens die Toten wurden durch Übungspuppen ersetzt. Im Pendelverkehr, werden nun die Geschminkten und Opfer zum Neusorger Bahnhof verbracht. Hier wartet bereits der „Unglückszug“.
Eigens Stromaggregat und Nebelmaschinen besorgt
Um alles so reell als nur möglich werden zu lassen, wurde bereits im Vorfeld mehrer Nebelmaschinen besorgt, welche die Brandsimulation und Rauchentwicklung im Tunnel verdeutlichen werden. Aus Immenreuth besorgte man darüber hinaus noch ein 13 KVA Stromaggregat, mit dem man alle elektronischen Aggregate im Inneren des Tunnels speisen konnte. Darunter auch die technische Ladestromerhaltung für den Zug, denn aufgrund einer Vielzahl von Personen die sich im und um den Unglücksort befanden, konnte die Zugmaschine nicht ständig betrieben werden. So musste für den Fall eines ernsthaften Notfalles schnellstmöglich eine externe Stromquelle für den Zug als Ladeerhaltung und Fremdeinspeisung vorhanden sein. Ebenfalls im Vorfeld, mussten alle Grundstückeigentümer, deren Liegenschaften an die Bahnstrecke angrenzten um Erlaubnis gefragt werden, hinsichtlich der Nutzung und evtl. auftretender Flurschäden. Letztere hielten sich jedoch in Grenzen. Darüber hinaus mussten die Plätze auf denen anschließend die gesamte Einsatzleitung, Triage und Versorgung stattfand begehbar sein. So waren viele umliegende Wiesen in der letzten Woche nochmals frisch gemäht worden.
Einziger Unsicherheitsfaktor blieb jedoch das Wetter. Aber auch hier hatte jemand ein Einsehen, so dass es nur einmal kurz nieselte und anschließend lieb es für den Rest der Übung trocken.